7. Kapitel - Der Feldpostdienst nach 1945

 

Feldpost im Manöver:
S
ortieren von Nachschubsendungen für die Truppe in einem Zeltbiwak im Wald, 1950

Bild:
Feldpostdirektion, Bern

 

7.1. Die unmittelbare Nachkriegszeit:
       Die Feldpost wird vollwertiger Teil der Armee (1949)


Nach dem fast sechsjährigen, grauenhaften Völkerringen ging ein Aufatmen und ein langersehntes Gefühl der Entspannung auch durch die kriegsverschonte Schweiz. Die Menschheit lechzte nach Frieden und Versöhnung, und man gab sich fast bedenkenlos einer euphorischen Welle der politischen Vertrauensseeligkeit hin - zu Unrecht, wie sich leider bald herausstellen sollte.

1946 liess der Bundesrat die militärischen WK ausfallen, ein in der Geschichte unserer Armee wohl einmaliges Ereignis! Der FP-Dienst blieb bis auf weiteres bei seiner im Aktivdienst bewährten und ausgefeilten Form. Allerdings hielt er sich weiterhin offen für strukturelle Reformen gemäss dem laufend sich dem militärischen und politischen Umfeld anpassenden Leitbild der Armee.

Bereits die neue Truppenordnung von 1947 hatte zur Folge, dass nun insgesamt 44 FP geschaffen wurden: 9 für die Divisionen, 3 für die Gebirgsbrigaden, 3 für die Leichten Brigaden und 29 übrige FP. Jeder aufgebotene Truppenverband in der Stärke eines Regimentes erhielt eine FP zugeteilt. Die fünf grössten FP verfügten nun sogar, wie eine Kompanie, über je einen Fourier, Feldweibel und Küchenchef.

Bei Truppenübungen und besonders bei grossen Manövern mussten sich die FP gemeinsam mit den Kampfverbänden verschieben. Diese meist nicht voraussehbaren Standortechsel behinderten den Dienst in hohem Mass. Zwei Beispiele: 1950 musste die FP 41 innerhalb von vier Tagen fünfmal und die FP 42 in bloss drei Tagen siebenmal dislozieren (verschieben).

Allerdings gehört die Mobilität nunmal zum Wesen einer schlagkräftigen Armee; die Truppenversorgung und mit ihr die FP haben sich diesen Gegebenheiten anzupassen und ihren unverzichtbaren Dienst auch unter erschwerten Bedingungen optimal sicherzustellen.

Das Jahr 1949 brachte den Offizieren und Uof des FP-Dienstes endlich die seit langem gewünschte und überfällige hierarchische Gleichstellung mit ihren Kameraden der andern Truppen: Durch Aufhebung von Art. 56 der Militärverordnung fiel der bisher allein noch dem FP-Kader vorbehaltene "Rang" weg und wurde durch den allgemein üblichen "Grad" ersetzt.

Im Nachhinein mag diese Minreform als rein kosmetische Korrektur erscheinen. Für die unmittelbar betroffenen Offiziere und Uof der FP bedeutete sie jedoch eine nicht zu unterschätzende Anerkennung und Wertschätzung, welche man im EMD und in der ganzen Armee ihnen und ihrer ganzen Truppe seit langem entgegenbrachte.

Allerdings hatten die FP-Offiziere eine von ihnen selbst gewünschte Gegenleistung zu erbringen. Bisher waren sie in ihre Ränge und Funktionen durch blosse Berufung und aufgrund ihrer persönlichen Qualifikation eingesetzt worden. Nun aber galt ab 1950, gemäss der abgeänderten Verordnung über die Beförderung in der Armee:
 

 

Feldpost 17
Verarbeiten der Rückschubsendungen zuhanden der Zivilpost, 1950.


Bild: PTT Museum, Bern

 


7.2 Der Feldpostdienst erweitert sein Leistungsangebot

Der allgemeine wirtschaftliche und soziale Aufschwung seit Ende der Vierzigerjahre und die damit verbundene Steigerung des Lebensstandards hatten zur Folge, dass die Armeeangehörigen nicht zu Unrecht höhere Ansprüche bezüglich Unterkunft, Verpflegung und Versorgung stellten, dies sowohl in den militärischen Schulen als auch in den WK (Wiederholungskurse).

Diesen Wünschen kam die Armee in hohem Mass entgegen. Im Bereich des FP-Dienstes führte das zu einer spürbaren Erweiterung seines Leistungsangebotes.

Bei Truppenübungen im Jahre 1948 erprobte man erstmals die Zustellung von Telegrammen an Kommandostellen und Wehrmänner. Der Versuch verlief überzeugend, weshalb dieser neue Dienst definitiv ins Angebot der FP aufgenommen wurde.

Zu diesem Zweck erhielt jede FP sofort einen Motorradfahrer zugeteilt. Am 9. März 1954 trat die neue FP Ordnung in Kraft, in welcher die seit 1938 und besonders während der Aktivdienstzeit gemachten Erfahrungen berücksichtigt wurden.

1966 beauftragte der Generalstabschef den FP-Dienst, eine Auskunftsstelle zu schaffen, welche die telefonische Erreichbarkeit zur Truppe sicherstellen soll. Dieser Büro Schweiz genannte Teil des FP-Dienstes nahm bereits 1967 seine Tätigkeit auf.

Der genaue Auftrag dieser Dienststelle lautet wie folgt: Das Büro Schweiz ermöglicht unter Wahrung der Geheimhaltungsvorschriften militärischen Kommando- und Dienststellen, zivilen Dienststellen und Behörden sowie Einzelpersonen in zwingenden Fällen mit Stäben und Truppen oder einzelnen Angehörigen der Armee in Kontakt zu treten.

Bereits während einer Armeestabs-Übung von 1967 vermittelte diese Dienststelle innerhalb einer Woche mit einem Bestand von einem Offizier, vier Uof und einem Soldaten 763 Anfragen dieser Art. Damit war der Bedürfnisnachweis eindeutig erbracht. Von Anfang an hatte die Tätigkeit des Büros Schweiz einen sehr erwünschten Rückgang der arbeitsintensiven Telegrammzustellung zur Folge.

Seit Oktober 1982 verfügt diese Dienststelle über eine ständige Telefonnummer. Ein Anrufumleiter vermittelt jede über diesen Anschluss verlangte Verbindung an diejenige FP, welche gerade die Aufgabe des Büros Schweiz ausübt.

Das Büro Schweiz ist heute aus dem FP-Dienst nicht mehr wegzudenken: 1978 sind noch ca. 17'000 Telefonverbindungen vermittelt worden; bis heute hat sich diese Zahl verdoppelt. Um die ständig wachsende Menge der Anrufe auch künftig innert nützlicher Frist und mit möglichst wenig Personal zu bewältigen, soll der bisherige Auskunftsdienst nach Listen abgelöst werden.

An seiner Stelle will der FP-Dienst die modernen EDV-Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. Ebenfalls seit 1967 erfüllt der FP-Dienst eine weitere Aufgabe, welche vor allem im Aktivdienst zum Tragen käme: Er führt einzeln einrückende Wehrmänner, z.B. Nachzügler, Urlauber, Genesene, die den Standort ihrer Truppe nicht kennen, zu ihrer Einheit.

Seit dem 15. Juni 1970 können Postcheckkontoinhaber auch im Militärdienst über die FP mit Checks Bargeld beziehen. Eine Neuorganisation des FP-Dienstes auf Anfang 1971 unterschied zwei Typen von FP: Sammel-FP in grossen Zentren waren dazu bestimmt, im Aktivdienst die Umleitung der FP-Sendungen sicherzustellen und ortsgebundene Truppen in ihrem Bereich postalisch zu versorgen.

Truppen-FP waren für den FP-Nach- und Rückschub der mobilen Truppenverbände verantwortlich. In Friedenszeiten hatten sich zehn gleichmässig auf die ganze Schweiz verteilte Zivilpoststellen mit der Umleitung der Militärpost zu befassen.

 

Telegrammzustellung mit Motorrad
an einen Militärstrassenpolizisten, 1955.


Bild:
Feldpostdirektion, Bern




 

Quellenangabe:
Festschrift: "100 Jahre Feldpost in der Schweiz 1889 - 1989" von Arthur Wyss , herausgegeben im Jahre 1989 im Auftrage der Generaldirektion PTT, Bern. Wir danken herzlich dem Autor und der Herausgeberin für die freundliche Zustimmung um Verwendung
von Bild- und Textmaterial. Sämtliche Urheberrechte verbleiben bei Die Schweizerische Post, Bern.